Was lange währt wird endlich gut? Das Beste aus drei Welten? Eine "Reformregierung"? Jetzt wirklich gar eine neue Art des Regierens und "Arbeitens für Österreich"? Diese Bewertung überlassen wir besser den Politikwissenschaftlern, Politik- und Wirtschaftsjournalisten und Stammtischen - FÜR UNS IST JETZT MAL INTERESSANT WAS SICH IN DER BAV TUN KÖNNTE!
Generalvertrag Pensionskasse über Zukunftssicherung bis Hälftesteuersatz bei Abfindungen aus Leistungszusagen
Ganz generell zu den angekündigten bav-maßnahmen im programm 2025 bis 2029
Vorab: ich möchte mich hier kurz halten. Konkrete Ausführungen, Musterberechnungen, Effekte und Empfehlungen für Anbieter, Vermittler und Endverbraucher erst wenn etwas wirklich konkret wäre. Im Portfolio sind wieder einige "alte Hüte" und langjährige Forderungen zur bAV, aber auch kleinere erstmalig in dieser Form vernommene Punkte. Bei einigen Punkten wird von einem "Budgetvorbehalt" gesprochen (also ob man es sich denn dann überhaupt "leisten" kann) - eine tatsächliche Umsetzung ist also äußerst fraglich. Generell muss der gelernte Beobachter festhalten, dass auch bei früheren Regierungen viele, viele Punkte aus Regierungsprogrammen über bloße Ankündigungen und vollmundig formulierte Sätze nicht hinausgekommen sind...
der ewige klassiker: erhöhung der zukunftssicherung nach § 3 EStG ("300 EUR-Modell)
Der "Veteran" der Ankündigungen diverser Regierungen. Seit Urzeiten wird hier eine Anhebung, zumindest in Form einer Angleichung an die Inflation, gefordert. Derzeit sind hier bis zu EUR 300 im Jahr für Arbeitnehmer steuerfrei - und dies in der Form als "Gehaltserhöhung" oder "Bezugsumwandlung". Mehr dazu finden Sie hier.
Genau diese EUR 300 sollen "im Rahmen der budgetären Möglichkeiten" angehoben werden. Was im Regierungsprogramm so verbindlich klingt, relativiert sich mit den "budgetären Möglichkeiten" deutlich. Diese Erhöhung wäre aber für die Branche wie auch die Arbeitnehmer eine sehr attraktive Angelegenheit. Insbesondere in der Ausprägung als Bezugsumwandlung bestehen hier unzählige Verträge und die Erhöhung würde wohl reißenden Absatz bei den Kunden finden. Versicherer sollten hier dann, wenn es denn käme, unbedingt mit einer konzertierten Mailingaktionen vorgehen (und natürlich kreative technische Lösungen bei der Erhöhung von Verträgen mit Rechnungszinssätzen größer 0,0% finden - einen Vorschlag dazu hätte ich schon...).
hälftesteuersatz bei abfindung von direkten leistungszusagen - wegfall des "BERUFSverbotes"
Die direkte Leistungszusage ist eines der wichtigsten Produkte in der bAV, insbesondere für Gesellschafter-Geschäftsführer mit Einkünften aus selbständiger Arbeit einer GmbH. Gerade der "Hälftesteuersatz" bei Beendigung der Tätigkeit ist äußerst attraktiv für diese Personengruppe. Mehr dazu finden Sie hier und hier.
Derzeit muss, neben anderen Voraussetzungen, die aktive Erwerbstätigkeit eingestellt werden (wobei hier im Gesetz bzw. den Einkommensteuerrichtlinien gewisse Definitionen und Einschränkungen gegeben werden). Laut Regierungsprogramm soll dieses Berufs- bzw. Erwerbsverbot fallen. Konkretes wird dazu nicht ausgeführt. Ebenso ist meines Erachtens offen ob sich dieses Fallen des Berufsverbotes nur auf gewisse Sachverhalte beschränken soll.
Sollte das wirklich generell bei der Regelung des § 37 Abs. 5 EStG gelten ("Hälftestesteuersatz"), so wäre das nicht von Nachteil (wenn nicht die gesetzliche Änderung grundlegend geändert wird in Hinblick auf die Anwendbarkeit auf Abfindungen aus direkten Leistungszusagen).
Meines Erachtens ist eine direkte Leistungszusage für Gesellschafter-Geschäftsführer mit Einkünften aus selbständiger Arbeit, wenn wirtschaftlich im Unternehmen vertretbar, jetzt bereits unbedingt zu empfehlen. Sollte das "Berufsverbot" wirklich fallen, so würde ich das als geringfügige weitere Attraktivierung sehen.
Generalpensionskassenvertrag zur übertragung aus abfertigung neu für alle
Auch schon zum wiederholten Male in einem Regierungsprogramm vertreten und eine durchaus sinnvolle Maßnahme.
Derzeit können bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (zB Pensionierung) die Kapitalien aus der Abfertigung NEU entweder mit 6 % Lohnsteuer einmalig abgefunden oder steuerfrei über diverse Varianten verrentet werden (Übertrag in Pensionszusatzversicherung oder Pensionskasse/betriebliche Kollektivversicherung in welcher bereits eine Anwartschaft besteht). Mehr zur Abfertigung NEU finden Sie hier).
Ziel wäre es jetzt für ALLE die Möglichkeit der Übertragung des Abfertigungskapitals aus der betrieblichen Vorsorgekasse in eine Pensionskasse (PK) zu ermöglichen. Der Großteil der Arbeitnehmer hat keine Pensionskassenanwartschaft, deshalb würde so ein "Generalpensionskassenvertrag" die Möglichkeiten für Arbeitnehmer spürbar erhöhen. Das muss natürlich auch bei alternativer Übertragung in eine betriebliche Kollektivversicherung (bKV) gelten. Mehr zu PK und bKV finden Sie hier.
In der Praxis können alle Arbeitnehmer die Kapitalien, beispielsweise bei Pensionierung, bereits jetzt in Pensionszusatzversicherungen übertragen. Das wird in der Praxis leidlich wenig genutzt, nicht zuletzt weil aufgrund der doch oft überschaubaren Beträge in den Vorsorgekassen die errechneten Renten ziemlich überschaubar ausfallen. Die Regelung wäre aber definitiv zu begrüßen. Ideal wäre es aber auch, wenn Personen welche noch in der Abfertigung ALT sind ebenso einbezogen werden würden (da geht es auch um deutlich höhere Beträge).
Abschaffung der abfindungsgrenze bei pensionskassen und betrieblichen kollektivversicherungen? weiterentwicklungen diverser regelungen
Die Instrumente PK und bKV sehen eine verpflichtende Verrentung der darin befindlichen Kapitalien vor (Ausnahme: Kapital bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter der Abfindungsgrenze. Diese beträgt im Jahre 2025 EUR 15.900).
Laut Regierungsprogramm überlegt man eine generelle Abfindungsmöglichkeit "zum Pensionsantritt". Das würde ich als eher neutral bis leicht positiv sehen (wenn auch volkswirtschaftlich entgegen der eigentlichen Zielsetzung). Eine Abfindungsmöglichkeit bei laufender Pension würde ich aber sehr kritisch sehen. Versicherungstechnisch ist dies zwar über mehrere Varianten vorstell- und kalkulierbar, kann bei den Pensionskassen oder Versicherern jedoch zu einer "negativen Risikoselektion" führen. Diese kann man zwar versicherungsmathematisch "rauskalkulieren", geht jedoch deutlich zu Lasten der Höhe der Pension.
Ebenso überlegt man diverse Änderungen bei der Hinterbliebenenregelungen (derzeit nur Ehepartner, unversorgte Kinder und bei einzelnen Anbietern auch gewisse "Lebensgefährten" möglich) und bei "Transparenz", "freiwillige Aufstockung", Kosten etc.
Viel sinnvoller und wichtiger würde ich die Einführung eines Rechtsanspruches auf Bezugsumwandlung für alle Arbeitnehmer bis zu X % des Bezuges (zB 5 %) finden. Mit PK und bKV stehen hier bereits zwei gute Instrumente zur Verfügung, es fehlt jedoch die arbeits- und steuerrechtliche Regelung um dies zu ermöglichen. Das wäre auch volkswirtschaftlich meines Erachtens äußerst sinnvoll und eine wichtige Ergänzung im Licht eines zunehmend schwächelnden staatlichen Pensionssystems. Auf diesem Wege kann man die bAV sinnvoll in die Breite bringen!
indirekt für die betriebliche vorsorge relevant
Diverse Ankündigungen zu Steuern (zB Erhöhung gewisser Freibeträge) oder Sozialversicherungsrecht (zB Änderungen bei der Korridorpension) betreffen die bAV mehr oder weniger indirekt. Das kann gewisse Auswirkungen auf Darstellungen diverser steuerlicher Auswirkungen, die Beratung oder die Anbotslegung (Laufzeiten) haben.
Fazit zu "Regierungsprogramm 2025 und bAV"
Auf den ersten Blick kann ich zumindest nicht wirklich "Negatives" für die bAV erkennen, im Gegenteil. Man sollte aber natürlich all dies mit der gebotenen Zurückhaltung betrachten. Die Erfahrung lehrt, dass ein Großteil der Ankündigungen auf Nimmerwiedersehen verschwindet oder einfach immer und immer wieder prolongiert werden. Konkrete Analysen und etwaige Handlungsempfehlungen daraus kann man erst vornehmen und aussprechen wenn konkrete Gesetzesentwürfe vorliegen.
Leider fehlt mir aber wieder der Rechtsanspruch auf Bezugsumwandlung. Dieser wäre meines Erachtens unabdingbar um eine breite betriebliche Zusatzpension, ohne weitere Kosten für Arbeitgeber, für Arbeitnehmer aufbauen zu können. Dazu liegen gute Konzepte vor.
Bei Fragen zur bAV stehen wir natürlich gerne zur Verfügung
Markus Reindl, im März 2025