nicht alle firmenpensionen sind pensionskassen
Medial wird als "zweite Säule" und Firmenpension im Regelfalle die Pensionskasse genannt. Direkte Leistungszusagen in Unternehmen, meines Erachtens DIE Firmenpension schlechthin, zählen aber ebenso zur zweiten Säule und haben mit dem Pensionskassen nichts zu tun.
Diese Unterscheidungen müssen jedoch immer getroffen werden. Die Berichterstattung bezieht sich zumeist rein auf Pensionskassen, nicht auf andere Arten der Firmenpension.
Kürzungen bei pensionskassen sind systembedingt
zu hohe ertragsannahmen in der Vergangenheit
Wenn aktuell in den Medien und Leserbriefen wieder von Kürzungen gesprochen wird, sind damit in erster Linie laufende Pensionskassenpensionen gemeint. Man muss die Betroffenen natürlich verstehen, dass diese mit den Kürzungen keine Freude haben. Doch eines sollte man sehr wohl bedenken: Diese Personen haben in der Vergangenheit auch wesentlich höhere Pensionen erhalten, als wenn man vorsichtigere Annahmen getroffen hätte.
Andererseits sollte man hier die Vergangenheit betrachten: Nicht wenige der Ansprüche der Betroffenen wurden vor vielen Jahren von ihren Arbeitgebern von direkten Leistungszusagen in Pensionskassen übertragen. Der "Preis" für diesen Übertrag wurde eben unter solchen hohen Annahmen errechnet. .
Primär sollten daher aktive Arbeitnehmer betrachtet werden, welche von ihren Arbeitgebern Beitragszahlungen in eine Pensionskasse erhalten - die sogenannten "Anwartschaftsberechtigten".
pensionskasse - Kapitalmarktentwicklung und höhere lebenserwartung ALS RISIKO
Eine Pensionskasse kennt grundsätzlich keine Garantien, bietet dafür aber höhere Ertragschancen als Produkte mit Sicherheiten. Kapitalverluste bei der Veranlagung schlagen grundsätzlich auf die Anwartschaftsberechtigten durch. Andererseits können aber höhere Erträge in guten Kapitalmarktjahren erzielt werden - denn die Garantie bei Sicherheitsprodukten "kostet" eben etwas.
Darüber hinaus ändern sich alle Jahre die Sterbetafeln (beispielsweise ist soeben eine neue Sterbetafel zur Anwendung gelangt), eine Pensionskasse kennt keine "Sterbetafelgarantie". Kurzum: je höher die statistische Lebenserwartung wird, desto geringer die Pension.
Eine Pensionskasse verhält sich also, beim Kapital wie auch der ausbezahlten Pension, wesentlich volatiler und schwankender als Sicherheitsprodukte, welche beispielsweise bereits heute einem 30-jährigen eine garantierte Mindestpension mit Alter 65 bieten. So etwas ist bei einer Pensionskasse unmöglich!
Die entscheidende Frage aber ist: WILL ICH DAS FÜR MEINE PENSIONSVORSORGE?
Tausende von Anwartschaftsberechtigten in Pensionskassen können sich diese Frage aber erst gar nicht stellen, für sie gibt es nur das System der Pensionskasse. Obwohl der Gesetzgeber bereits 2005 eine echtes Sicherheitsmodell geschaffen hat: die BETRIEBLICHE KOLLEKTIVVERSICHERUNG. Einige Arbeitgeber haben eine solche bereits ergänzend zur Pensionskasse als Wahlmodell eingeführt. Sehr viele sind hier leider nach wie vor säumig.
Mehr zu den Unterschieden von Pensionskasse und betrieblicher Kollektivversicherung finden Sie hier.
Die Pensionsprognosen in einer betrieblichen Kollektivversicherung (BKV) sind deutlich niedriger dargestellt als in einer Pensionskasse (jedoch ist der Großteil in der BKV garantiert). Aber wesentliche Faktoren, welche bei einer Pensionskasse nur prognostizierte Variablen sind, werden bei einer BKV bereits auf Jahrzehnte im Vorhinein als Garantien fixiert. Hier zählt nicht die Quantität einer Prognose, vielmehr ist bei der BKV die Qualität der Prognose entscheidend.
ertragsentwicklung bkv und Pensionskasse in der vergangenheit
Die BKV ist faktisch eine klassische Lebens(Renten)Versicherung - die Ertragschancen können mit den Möglichkeiten einer Pensionskasse nicht mithalten, dafür sind Kapitalverluste aber defacto ausgeschlossen und die laufenden Erträge werden "geglättet". Vergleichen wir die Bruttogesamtverzinsung der klassischen Lebensversicherung am Beispiel eines Versicherungsunternehmens (hier BKV synonym für die klass. LV) und aller Pensionskassen seit 1991 (Quelle: Fachverband der Pensionskassen).
Historische Werte lassen natürlich keinerlei Rückschlüsse auf die Zukunft zu. Kann eine mögliche höhere Performance einer Pensionskasse die Sicherheiten einer BKV überkompensieren? Mit Blick auf die Zahlen würde ein Risikoanalyst dies wohl verneinen. Letztlich entscheidet aber die persönliche Risikopräferenz des Anwartschaftsberechtigten.
Ob eine BKV "besser" oder "schlechter" als eine Pensionskasse ist, hängt rein von den Wünschen und Bedürfnissen der Anwartschaftsberechtigten ab. Beide Varianten haben ihre Stärken und Schwächen!
bkv für arbeitnehmer ermöglichen: unternehmen und betriebsräte in der pflicht
Seit ca. 13 Jahren gibt es jetzt die BKV. Ein immer noch beachtlich großer Teil der Unternehmen, welche für ihre Arbeitnehmer - manchmal nicht zuletzt durch den Einsatz ihrer Betriebsräte - bereits in eine Pensionskasse einbezahlen, hat ihren Mitarbeitern die Möglichkeit des "sicheren Hafens" der BKV (noch) nicht angeboten. Grundsätzlich ist nur eine Neufassung oder ein Zusatz zur Betriebsvereinbarung zur Pensionskasse und eine Vereinbarung mit einer Versicherungs-gesellschaft erforderlich - die Beiträge für die Unternehmen ändern sich nicht.
ARBEITNEHMER HÄTTEN ENDLICH EINE ECHTE WAHL
Unabhängig von diversen arbeitsrechtlichen Ansichten zu etwaigen Interessenswahrungspflichten des Betriebsrates bzw. der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, ist es wohl ein Gebot der Fairnis gegenüber den eigenen bzw. vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmern hier eine Wahlmöglichkeit einzuräumen.
Zweifelsohne gibt es Gründe, welche bei einigen Unternehmen dagegen sprechen könnten, eine Pensionskasse UND eine BKV zur Wahl zu stellen (beispielsweise kleine Unternehmen mit nur wenigen Arbeitnehmern oder Pensionskassen und Versicherungsunternehmen selbst), bei allen anderen ist es jedoch höchste Zeit, diese Wahlmöglichkeit jetzt zu schaffen!
wie schafft man diese Wahlmöglichkeit zwischen Pensionskasse und bkv
Hier kann man zwei Varianten in Erwägung ziehen:
- Wechselmöglichkeit ab Alter 55 und Wahlmöglichkeit für Neueintritte
- Schaffung einer einmaligen Wahlmöglichkeit für ALLE Arbeitnehmer bei Einführung der BKV, danach nur mehr für Wechsel ab Alter 55 und die Wahlmöglichkeit für Neueintritte
Auf alle Fälle ist eine gute Kommunikation an die Mitarbeiter, mit einem Systemvergleich zwischen Pensionskasse und BKV, unbedingt erforderlich (Informationsverpflichtung). Ebenso muss die Wahlmöglichkeit auch in die andere Richtung (BKV in Pensionskasse) zulässig sein.
Will man diese Möglichkeiten ab 2020 schaffen, so ist es bereits jetzt höchste Eisenbahn! Vereinbarungen (beispielsweise Betriebsvereinbarung) müssen getroffen und Fristen eingehalten werden.
Pensionskasse und bkv sind sinnvolle modelle, aber keine bindungsinstrumente
Sind die beiden Modelle in einem Unternehmen nebeneinander mit Auswahlmöglichkeit im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten installiert, so können sie einander sehr gut ergänzen. Ebenso äußerst gut einsetzbar sind beide Modelle als Instrumente für steuerbegünstigte Bonusmodelle (mehr dazu finden Sie hier).
Entgegen diverser Werbebotschaften eignen sich beide Modelle aber nicht als Bindungsinstrument, dafür gibt es deutlich effektivere Varianten (mehr zu effektiven Bindungsmodellen mittels Firmenpensionen finden Sie hier).
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Beste Grüße
Markus Reindl